Abgelenkt

Der langweilige Blog eines langweiligen Schriftstellers.

Mittwoch, Oktober 11, 2006

Wie man in einen Eimer voll Scherben fickt

Echt interessant wie sich Freunde verdünnisiert haben, sobald man aus einer schwereren Regenerationsphase wieder unter die Lebenden taucht. Wo sind sie hin, diejenigen, die man aus der Scheiße zieht, denen man Hilfe anbietet, denen man Kummerkasten und Stütze ist. Und wo waren sie überhaupt als man jemanden gebraucht hätte, der einen selbst aus der Scheiße zieht, der Hilfe anbietet, Kummerkasten und Stütze ist. „Für’s Zuhören mehr gemocht als für’s Reden“, ich sprach das bereits an. „Um gehört zu werden musst du reden, Roger. Das tust du viel zu selten.“ Nicht immer. Kennt man mich, weiß man, dass ich aus den verschiedensten Beweggründen oftmals niemanden an meinen Launen und Formtiefs teilhaben lasse, meist aus Höflichkeit und Stolz. Blog-Leser und Chat-Partner werden behaupten, dass ich mit meinen Problemen nur so um mich spritze. Euch sei gesagt, wie immer sitzt alles viel tiefer fest. Die herausstehenden Stiele der Speere werden an euch nur etwas abgewetzt, damit sie nicht mehr gar so weit abstehen. Die Spitzen stecken nach wie vor im Fleisch. Reißt sie jemand heraus, bleiben die Wunden, die sich nicht schließen wollen. Vernäht sie jemand, bleiben die Narben. Überschminkt man sie mir, wäscht es der Regen weg. Irgendwas bleibt immer und wird mich erinnern wollen, dass viele bereits mit beiden Beinen im Leben stehen, während ich gerade erst noch das Krabbeln lerne, aber von meinem flachen Blickwinkel aus mehr gesehen habe, als manch anderer, der mir weis machen will: „So kann das nicht weiter gehen, bist aber selbst Schuld.“ Natürlich trage ich die meiste Schuld selbst. Auf Probleme und sonstige Ereignisse reagiere ich nur … meist falsch. Eigentlich reagiere ich IMMER in gewisser Weise falsch. Bewusst wird mir das oft erst in wichtigen Situationen, die Schlüsselpunkt für mein Vorankommen sind. Kennt ihr diese Bücher des Ravensburger-Verlags von diesem Montgomery? Die Abenteuergeschichten in denen man selbst zwischen mindestens zwei Alternativen entscheiden muss und so auf abwechslungsreiche Enden stößt. Klingt interessanter als es ist. In der 5. Klasse hatten wir diesen Schmarren den sich jeder für den Deutschunterricht kaufen musste. Schärfte mich nie besonders an, der Dreck. „Willst du dich beschützend vor deine Weggefährtin stellen und heldenhaft versuchen, die brutale Riesenschlange mit einem morschen Ast zu bekämpfen? Blätter auf Seite 110. Möchtest du während die Riesenschlange deine dir lieb gewonnene Weggefährtin frisst, dir in die Backe beißen und das Blut in die Augen der Schlange spucken bevor du wegrennst und nach zwei Tagen all deine Schuldgefühle dank exzessiver Onanie wieder vergisst? Blätter auf Seite 116.“ Was auch immer ich wähle, ich muss anstatt vor-, ausnahmslos zurückblättern. Könnte auch einen Monopoly-Vergleich aufführen, „Gehe zurück auf Los, ziehe keine wasweißichvielekröten ein“, dieses Spiel hängt mir aber in nicht ganz angenehmer Erinnerung. Ich bekam es zwar einmal geschenkt, weil man der Annahme war, es würde mir die Fähigkeit zum Kopfrechnen verbessern, wie so oft geschehen spielte es jedoch niemand mit mir. „Das dauert zu lang bis es fertig is’.“, hörte ich immer. Dass man es nach einer halben Stunde vielleicht abbrechen könnte und der gewinne, der das meiste Geld hat, darauf kam niemand, ich auch nicht. Ich hielt mich nicht für intelligent genug, der - aus Langeweile hundertmal durchgelesenen - Spielanleitung zu widersprechen und die Regeln den Launen meiner Familienangehörigen anzupassen. Hätte nur andere Ausreden zur Folge gehabt, wie zum Beispiel: „Zu zweit macht des keinen Spaß.“ Alleine auch nicht, merkte ich bald. Lasse ich mir das jetzt durch den Kopf gehen, sehe ich es als Abweisung gegenüber meiner Person. Bedenkt man wie scharf ich auf dieses Spiel gemacht wurde … ich konnte es kaum erwarten endlich die Altersempfehlung erreicht zu haben um es spielen zu dürfen (was ich intellektuell schon viel früher hätte tun können). Ohne Mitspieler wurde das Papiergeld aus der Schachtel geräumt und zum pokern mit ein paar Türken verwendet, von denen mir einer ungefragterweise während eines Spiels seinen langen, beschnittenen Schwanz zeigte und der andere nach und nach einen Teil der Spielgeldscheine klaute um zu Hause mit seinen Freunden weiterzuspielen. Kein guter Einfluss. Warum Poker und nicht Monopoly? Vom Spielverständnis her hätte man die Altersempfehlung für diese Trottel nicht hoch genug schrauben können und nach einem Spiel fehlte die Oldtimer Figur. Bei Poker war wenigstens bekannt, dass ein Drilling besser ist als ein Pärchen und wenn das Grundschulgehirn vom vielen planlos-taktieren überhitzt war, ließen wir die Rausgeh-Zeit mit einem simplem Kartenstechen abklingen (wir nannten das „Krieg“). Später beim Hütchenspiel und Pfennigfuchseln im Pausenhof (beschiss) ich sie um richtiges Geld, was mir die Genugtuung meines Lebens bescherte. Ein wenig Ärger häuslicherseits blieb mir natürlich nicht erspart, schließlich war das Monopoly-Spiel nicht mehr komplett, was zur Folge hätte, das ganze Scheißding wegzuschmeißen, welches sowieso vollkommen witzlos war, weil es niemand mit mir spielte (heißt nicht umsonst „Gesellschaftsspiel“). Warum ich das in meinen Eintrag einfließen lasse:

Meine türkischen Freunde verdünnisierten sich auch, mehr aber aus dem Grund weil ich sie eigenständig verdünnte. Ich erkannte erst sehr spät welche Freunde mir schadeten und welche Freunde auch wirklich Freunde waren. Ich kategorisierte. Auf der linken Seite die Arschloch-Freunde, auf der anderen die Freunde-Freunde. Geht wohl vielen so, dass links mehr rumsteht als rechts. Die Rechte Hälfte stand bei mir aber vollkommen leer! In etwa so wie jetzt. Da wird ein Blog ganz schnell Zeitverschwendung. Ist doch kein Geheimnis mehr, dass man seine Blog-Einträge eigentlich nur für seine Freunde schreibt, weil das leider die einzigen sind, die sich dafür interessieren. Um den Rest muss ich mir keine Sorgen machen, meine Anti-Freunde können nämlich nicht lesen (oder nicht so, wie es für meinen Blog von Nöten wäre). Ich wiederhole: Wo sind sie alle hin? Die, denen ich in einer schwierigeren Zeit jede Hilfe verweigerte, eben weil ich mir selbst helfen musste (es wurde nicht um Hilfe in Form seelischen Beistands gebeten, es dürstete sie nach materieller Bereicherung). Die, die mir Einfühlsamkeit, Nachsicht und Beistand in jeder nur erdenklichen Lage versprachen. Die, die ein zu hohes Maß an Aufmerksamkeit anforderten sobald transparent machende Langeweile den Blick auf Freunde freilegte, denen man unbedingt zeigen muss, dass sie nicht in Vergessenheit gerieten und noch immer eine lieb gewonnene Rolle im Leben des anderen spielen. Ich verhalte mich wahrlich oft falsch, nicht Situationsgerecht. Liegt daran, dass ich noch in einer Experimentierphase stecke, in der ich versuche herauszufinden, was mir selbst am besten tut. Damit entpuppen sich Nahestehende als „Schädlinge“, extrem ausgedrückt. Blutsauger, Schmarotzer und … Kletten untragbaren Gewichts. Ich darf noch mal in Erinnerung rufen, dass ich krabble. Menschen die sich auf mich legen erzwingen ein Schlängeln zum Vorankommen. Nun verfüge ich trotz dezenten Schwimmerkreuzes nicht über die motorischen Fähigkeiten, mich auf diese Art fortzubewegen. Das traue ich anderen zu, die sich im Nachhinein als falsche Schlange entpuppen (ich wette, da fühlen sich Leute angesprochen die ich gar nicht ansprechen wollte [liest du noch mit S.U.? sehe diesen Eintrag fernab unseres „Problemchens“, auch wenn ich die nachfolgenden Sätze unbewusst davon geleiten lasse]). Ich verhalte mich mehr als genug völlig unnachvollziehbar. Erklärung hierfür? Resignation ist zu vorschnell gesagt, as well as listlessness (ups, hat sich doch glatt die Tastatur auf Englisch verstellt). Es dürstet nach Logik. Dafür bin ich eh nicht zu haben. Könnte man sich aussprechen, alles rauslassen, den anderen die Gelegenheit des Antwortens geben und nicht völlig auf die selbst eingebildeten (möglichen) Beweggründe des anderen vertrauen, könnte man so das „kitten was Würmer schon zerficken“? (zitiert aus einem von Giffahs Texten;) Vielleicht, hab lediglich keine Lust dazu. Zwischenmenschliches „kitten“ geht nur unter einer gewissen Kraftanstrengung von Statten, für die ein beträchtliches Maß an Geduld und Kondition benötigt wird. Man muss lernen sein Gegenüber zu verstehen und dies auch wirklich wollen. Wie ekelhaft lang das wohl dauern würde mich zu verstehen wenn ich’s selbst nicht annähernd tue (es gibt Menschen die verlangen für das verstehen Anderer Geld). Ich gehe Konflikten und schwierigen Situationen nicht aus dem Weg, ich suche sie förmlich und springe kopfüber hinein, was gut so ist. Manchmal bin ich aber zu faul mich Dingen anzunehmen, die eigentlich wichtig und klärenswert sind. Wozu aber wenn man nicht versuchen will zu retten was vermutlich nicht mehr zu retten ist? Es mag das kleine Fünkchen Hoffnung geben, aber nicht auf meiner Seite, wo ich zwischen Arschloch- und Freunden-Freunden es mir gemütlich machen kann (nicht zu vergessen die finstere Seite, in die Freunde-Freunde hüpfen um nicht mehr gesehen zu werden, von dort aber rufen, dass sie von mir hineingeschubst wurden). „Es gibt Zeiten, wo man mit seinen Freunden brechen muss, um den Sinn der Freundschaft zu verstehen.“ Ja Henry, das klingt merkwürdig, könnte aber nicht mehr Wahrheit beinhalten. Man lernt die Menschen zu schätzen, die bleiben, die sich nicht abschütteln lassen, die verstehen (oder denen es einfach scheißegal is’ ob ich mich melde, Hauptsache ich geh ans Telefon wenn sie mich anrufen um zu Fragen wie’s mir geht und um auszutauschen was allgemein so geht und warum das Fernsehprogramm so abgayed und in der Stadt nix abgeht und so weiter und so fort). Danke an euch, die ihr euch über Jahre hinweg behauptet habt und an Integrität nicht zu überbieten seid.

Die am schwierigsten zu erhaltenden Freundschaften sind die, welche ein bestimmtes Niveau erhalten wollen (anbei führe ich nun das Beispiel „hohes Niveau“ an, gegenteilig verhält es sich [zumindest bei mir] genau so). Freunde können sich nicht immer über Nietzsche und Gruen unterhalten. Es muss auch mal das Jucken des rechten Ei’s Gesprächsthema sein oder der übergeile Arsch der VWL-Tutorin. Zu intellektuell ist Gift, außer im kommilitonischen Verhältnis, weswegen ich die Rückseite der VWL-Tutorin nie in der FH-Gemeinschaft lobpreisen würde (dort bespricht man nur nüchtern die mangelnde Kompetenz, außer man ist eine fette, hässliche Studentin, die ihren schlaflos machenden Neid in brutal oberflächlichen Kommentaren kompensieren muss). Ich will „Scheiße“ und „gefickt“ sagen, ohne dass man sich, die Fresse verziehend, von mir abwendet. Ich will meinem Gesprächspartner der gerade über seit Ewigkeiten abgehandelte binomische Formeln fachsimpelt, ins Gesicht rufen: „Halt die Fresse! ... die Sonne geht unter ... schau zu ... “


Mein nächster Eintrag knüpft an das heutige Horoskop der BILD an:

Skorpion: „Ich brauche täglich Sex!“, nein verkehrt, das gehört zum Nebenartikel ... hier: „Astro-Tipp: Der Mond in den Zwillingen gibt ein gutes Gefühl dafür, welche Situationen verbessert werden müssen. Liebe: Warum können Sie jemanden nicht vergessen? Denken Sie darüber nach. Geld: Sehen sie eine Kritik konstruktiv.“

Das andere Sternzeichen: „Astro-Tipp: Sie gehen unterm Zwillinge-Mond so offen auf Ihr Gegenüber zu, dass man Ihnen gerne entgegen kommt. Liebe: Ihre Hoffnung auf eine zweite Chance ist nicht unbegründet. Geld: Eine Zusammenarbeit bringt eine Idee.“

Ich muss lachen, sorry. Das BILD-Horoskop is’ imma so geil, ich könnt brechen...
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5 kommentare von leuten die ich nicht kenne:

At 1:56 AM, Blogger frech'n'nett sagt ungefragterweise...

ich zitier mal cake:
friend is a 4 letter word
;-)

horrorskop für donnerstag:

Durch eine Mondpause geht es nur langsam voran.

Vormittag:
Fangen Sie nichts Neues an und lassen Sie sich mit den wichtigen Terminen Zeit bis zum Nachmittag. Der Mond pausiert.

Nachmittag:
Jetzt mit dem Mond im Krebs sind Sie besonders motiviert und engagiert. Sie wollen etwas tun, was Ihnen sinnvoll erscheint.

Abend:
Gehen Sie unter Leute und unternehmen Sie etwas mit Gleichgesinnten. Die Kontakte tun Ihnen gut und bauen Sie auch auf.

skol

 
At 2:38 PM, Blogger DanielSubreal sagt ungefragterweise...

Aus dem Stalin-Zitate-Buch: "Der Tod eines Mannes ist eine Tragödie, aber der Tod von Millionen nur eine Statistik." ...ersetzen Sie "Mann" durch "Freund"...

...doch bevor sich hier Depressionen breit machen...

...reden wir doch lieber über erotische Phantasien mit Universitätspersonal...

...da gibt es zum Beispiel zu ein Soziologie-Gender-Früchtchen, dass permanent seinen Reinlichkeitswahn (Wohnung putzen, Staubsaugen, Geschirr waschen...), den Sie anscheind hat (...Sie redet dauernd von der ungerecht verteilten Hausarbeit... WARUM lässt sie den Scheiß nicht einfach mal ne Woche liegen??!), dem bösen Geschlecht mit dem Phallus andrehen will... aber der Hintern...der Hintern... ein Traum!...

...

SPANKING! ...ordentlich durchklopfen und nachher... naja... geht es uns wahrscheinlich beiden besser...

 
At 4:54 PM, Anonymous Anonym sagt ungefragterweise...

Mensch Roger.
Vielleicht hab ich den ganzen Eintrag falsch oder gar nicht verstanden, aber ich glaube, dein Problem ist einfach folgendes: Du weißt nicht was du willst. Wenn du dich entscheiden würdest - innendrin entscheiden, nicht mit Worten oder Taten - würde es dir dann nicht besser gehen?
Alles Gute,
Rhia

 
At 10:40 PM, Anonymous Anonym sagt ungefragterweise...

Wäre ich ein Chatter würde ich jetzt nur ein müdes *patpat* von mir geben, um dir damit zu signalisieren, dass ich mir vorstelle, dir gerade auf die Schulter zu klopfen. Aber ich bin kein Chatter und ich kenne dich auch nicht... Ich weiß nichtmal, wo du wohnst... Aber ich glaube, dass ich dich mag, weil du nachdenkst. Und wenigstens das hat irgendwen beeindruckt. Und du stehst weiterhin mit beiden Beinen im Eimer.

notpointed

 
At 10:04 AM, Anonymous Anonym sagt ungefragterweise...

Danke schön, Gatress. Deine netten Worte haben mich sehr gefreut.

 

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